Religion
Durch die wechselvolle Stadtgeschichte gibt es eine
Fülle an unterschiedlichen Glaubensrichtungen. Die Mehrheit der Einwohner
sind Moslems. Diese unterteilen sich in Sunniten, Schiiten, Moslem
Bruderschaften, Alawiten und Ismaeliten.
Die Sunniten stellen dabei die Mehrheit der
gläubigen Moslems und haben sich Großteils mit dem säkularen
syrischen Staat arrangiert. Außer auf den Koran berufen sie sich auf die
Sunna ("Gewohnheiten"), die überlieferten Aussprüche Mohammeds, im
Sinne einer verbindlichen Glaubens- und Lebenslehre. Sie erkennen
außerdem im Gegensatz zu den Schiiten die Nachfolger des Propheten an,
die nicht seine Nachkommen in verwandtschaftlichem Sinne sind
(Kalifat).
Zu den religiösen Pflichten im Islam gehören
unter anderem: Die Ablegung des Glaubensbekenntnisses, die Erfüllung der
fünf Tagesgebete, die Einhaltung des jährlichen Fastenmonats Ramadan,
die Hajj (Pilgerfahrt nach Mekka), den Zakat (Almosen) an die Armen zu geben,
sowie der Verzicht auf Alkohol und Schweinefleisch, dazu auf jede Art von
Glücksspiel.
Die Schiiten spalten sich wieder in mehrere Richtungen
auf. Gemeinsam ist ihnen die Ablehnung der Sunna und der nicht
rechtmäßigen Kalifen. Sie verehren die zwölf Imame von denen
elf bereits gelebt haben und die alle in der Nachfolge Alis stehen (Vetter und
Schwiegersohn des Propheten Mohammed). Der letzte Imam oder Mahdi, auf den die
schiitische Gemeinschaft wartet, wird einst, so das Credo, das Reich des Wahren
Glaubens verwirklichen.
Die Ismaeliten sind eine schiitische Splittergruppe,
die Elemente der neuplatonischen Philosophie eingebunden
haben.
Die Moslem Bruderschaften, die in Ägypten 1928
begründet wurden, und sich im ganzen Vorderen Orient verbreitet haben,
fordern eine islamische Ordnung in Staat und Gesellschaft. Aus diesem Grund
sind sie in Syrien verboten und werden unterdrückt. Zwei Aufstände,
1979 in Aleppo und 1982 in Hama, wurden blutig niedergeschlagen. Bei dem
Aufstand in der Stadt Hama wurde diese von der syrischen Luftwaffe bombardiert,
Tausende kamen dabei ums Leben.
Die Alawiten sind auch nur eine relativ kleine Gruppe
von Moslems, die aber in den letzten 25 Jahren enorm an politischem
Einfluß gewonnen haben, da der Staatschef Hafiz Al-Assad ein Alawit ist.
In der Tat verbinden sich in der weithin geheimgehaltenen Mystik der Alawiten
auf eigentümliche Weise altorientalische mit christlichen Elementen: Aus
der unaussprechlichen Gottheit geht eine kosmische Dreiheit hervor, gebildet
aus Ali (dem Mond), Mohammed (der Sonne) und Salman Al-Farisi (dem Himmel, er
war ein Kampfgefährte Mohammeds). Diese drei ordnen sich gleichzeitig zur
Trias: Sinn, Name und Tor. Anlehnung an das Christentum gibt es in der Feier
von Weihnachten und Ostern, sowie im Glauben an die reinigende Kraft der
Wiedergeburt, wie in der antiken Gnosis oder in dem
sogenannten
Thomas-Evangelium
Neben der muslimischen Mehrheit gibt es aber auch eine
starke christliche Minderheit, die wiederum in mehrere Glaubensrichtungen
zerfällt.
Es gibt die griechisch orthodoxe Kirche, deren
Patriarch in Damaskus residiert. Darüber hinaus gibt es noch Christen mit
orthodoxem Bekenntnis der armenisch-gregoriansichen Kirche, der
syrisch-orthodoxen Jakobiten und der Nestorianer.
Die mit Rom verbundenen Christen teilen sich auf in:
Melchiten (griechisch-katholisch), syrische Katholiken, Maroniten und
Chaldäer.
Vom kunstgeschichtlichen her sind die vielen
christlichen Kirchen alle nicht besonders sehenswert. Aber darüber hinaus
gibt es einige für Christen bedeutende Orte. Die Ananias Kapelle erinnert
an die Aufforderung Gottes an Ananias, den mit Blindheit geschlagenen Saulus
durch Handauflegung zu heilen (Apostelgeschichte 9,10ff). Der unterirdische Bau
gilt als eine der ältesten christlichen
Gebetsstätten.
Als Paulus nach seinem "Damaskus-Erlebnis" vor den
empörten Juden fliehen musste, wurde er in der Nacht von seinen
Anhängern in einem Korb an der Stadtmauer heruntergelassen (2.
Korintherbrief 11,32f). Daran erinnert die 1939 erbaute Paulus-Kapelle im
mamlukischen Bab Qaysan, wobei dieses Tor aus dem 14. Jahrh. sicher nicht der
Ort des biblischen Ereignisses war.
Durch das Bab Sharqi, dem einzigen Tor mit noch antiken
Resten aus römischer Zeit, soll Paulus nach Damaskus gekommen
sein.
Darüber hinaus befindet sich in der Omayyaden
Moschee, der ein eigener Artikel zu widmen wäre, der Johannesschrein, ein
kleines Gebäude mit Kuppel im Innern der Moschee, in dem der Kopf Johannes
des Täufers aufbewahrt wird.
Die jüdische Gemeinde in Damaskus besteht nach
unterschiedlichen Informationen nur noch aus 20 100 Personen. Nachdem
Syrien mit Israel seit Jahrzehnten im Dauerkonflikt liegt und die Juden mit
besonderen Auflagen belegt waren, unter anderem einem Ausreiseverbot, haben die
meisten von ihnen die Aufhebung des Ausreiseverbotes seit drei Jahren genutzt
und das Land verlassen. Streift man durch das Judenviertel in der Altstadt von
Damaskus findet man meistens verlassene Häuser mit zugenagelten Fenstern
und Türen.
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©12/2001
K.Paschke/T.Pelny/K.Paschke
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