Neuer EU-Verfassungsentwurf

 

Der Konventspräsident Valery Giscard d’Estaing stellte die Pläne für eine neue EU-Verfassung in Brüssel vor, die 2006 in Kraft treten soll. Der vorgelegte Entwurf strukturiert die EU neu und führt die bisherigen Verträge in einem Gesamtdokument zusammen .

 

Grundlagen der Verfassung

 

In Teil I der Verfassung „Allgemeine Grundlagen der Union“ werden im Wesentlichen die Ziele, Kompetenzen und institutionellen Fragen der Union geregelt. Die Werte und Ziele spiegeln die Grundsätze von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Solidarität wieder. Ordnungspolitischer Schwerpunkt bleibt auch weiterhin die klare Ausrichtung an offenen Märkten und freiem Wettbewerb. Dennoch wird eine Vielzahl sozialer Ziele genannt, z. B. Vollbeschäftigung, sozialer Fortschritt, Solidarität zwischen den Generationen, Schutz der Rechte der Kinder, Kampf gegen die soziale Ausgrenzung.

 

Verbindliche Grundrechte

 

Die bisher unverbindliche Grundrechtecharta erhält Rechtswirksamkeit und wird als Teil II der Verfassung aufgenommen. Damit erhält der Bürger erstmals einen einklagbaren Schutz gegen die Verletzung der Grundrechte durch die Institutionen der EU.

 

Mit 159 Seiten ist Teil III der Verfassung „Die Politikbereiche und die Arbeitsweise der Union“ sehr umfangreich und detailliert ausgefallen. Insgesamt gibt es in diesem Teil nur wenige Änderungen in den bisherigen EG-EU-Fachpolitiken. So bleibt es weiterhin in der EU-Außenpolitik bei einstimmigen Beschlüssen. Eine Vielzahl von Konventsmitgliedern hat sich bis zum Schluss für Mehrheitsentscheidungen stark gemacht, um die EU nach den Erfahrungen der Irak-Krise handlungsfähiger zu machen.

 

Es wird das Amt des europäischen Außenministers eingeführt. Der Außenminister ist zusätzlich auch Vizepräsident der Kommission um die Außenpolitik in geordnete Bahnen zu lenken, nachdem diese durch die Kriege geschüttelt wurde. Er übernimmt praktisch die Aufgabe, die heute zwischen EU-Außenkommissar Chris Patten und dem hohen Beauftragten der EU, Javier Solana, geteilt sind. Störend waren auch die halbjährlich wechselnden Ratspräsidentschaften, die jetzt durch einen einzigen EU-Ratspräsident abgelöst werden sollen, um so mehr Kontinuität zu erreichen.

In der EU soll es eine Doppelspitze geben. Es soll einen Präsidenten des Europäischen Rats der Staats- und Regierungschefs geben, dessen Amtszeit

2 ˝ Jahre dauert und nur einmal verlängert werden kann und ein für fünf Jahre gewählter Kommissionspräsidenten, der auch Präsident des Rates in Personalunion sein kann. Dieser wird auf Vorschlag des Rats vom Europäischen Parlament gewählt und hat vor allem repräsentative Funktionen.

 

Auch die Bürger erhalten mehr Kompetenzen. Die Kommission kann zu gesetzgeberischen Initiativen aufgefordert werden, wenn sich 1 Million Bürger zusammenschliessen.

 

Sicher ist, dass eine EU-Verfassung nötig ist, damit die EU in der künftigen Größenordnung noch politisch führbar bleibt.

Autor: Andreas Schmidt