Overview


Problemstellungen


Bedrohung durch Erdbeben

Bedeutend für die Gefährdung von Bauten sind die tektonische Erdbeben, daher solche, die durch Verschiebungen von kontinentalen Platten entstehen.
Die von der Bruchstelle im Erdinneren ausgehenden Erdbebenwellen beanspruchen den Baugrund und die Bauwrksfundamente überwiegend durch horizontale Beschleunigungskomponeneten. Sand- und harter Granitboden verstärken die Erdbebenwellen zusätzlich.
Die hohe Seitenbelastung übersteigt in vielen Fällen die rechnerisch zugrundegelegte Belastung und führt zu mehr oder minder schweren Beschädigungen, bzw. zum Einsturz.
Erdbeben entstehen seit einigen Jahren auch vermehrt in Regionen, die bis dato nicht als gefährdet galten. Auch in schon registrierten Gebieten wie Los Angeles nahm die Zahl der Erdbeben zu. Trotz seismografischer Messungen können viele Erdbeben nicht genau vorhergesagt werden. Auch die Stärken der Erdbeben haben im durchschnitt zugenommen, wie eine Studie in Kalifornien beweist.


Tabelle
Erdbeben als Naturkatastrophe im Vergleich.



Plattentektonik der Erde mit Krisenzonen.

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Umsiedlung der Bevölkerung unmöglich

Über 10% der Weltbevölkerung lebt in Gebieten die durch Erdbeben bedroht werden. Eine Umsiedlung in ungefährdete Regionen ist also nahezu unmöglich.

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Zielsetzungen


Schadensbegrenzung

Es gilt daher Schäden an Gebäuden und der Infrastruktur zu begrenzen um gleichzeitig die Bevölkerung zu schützen.

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Erdbebensicheres Bauen

Gebäude und Verkehrswege müssen daher so konstruiert sein, dass sie einem Erdbeben standhalten. Sie müssen so angelegt sein, dass die Bevölkerung nicht zum Schaden kommt.

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Spezifische Bauauflagen/-Vorgaben

Es bedarf vorrausschauender Planung und ortsspezifischen geologischen Erkenntinissen, so dass konkrete Bauauflagen/-vorgaben gestellt werden können.

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Lageanalyse


Erkenntnisse aus Erdbeben

Erdbeben haben in den letzten Jahren gezeigt, wo Schwachstellen beim Bauen in erdbebengefährdeten Gebieten liegen. Daraus erhält man Informationen, für neue Bauauflagen, Kontrollen und Konstruktionen.

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Bauaufsicht

Nach den Beben in der Türkei hat man Mängel an Kontrollen von Bauauflagen festgestellt. Aus Kostengründen wurden wichtige statische Elemente vernachlässigt oder einige Gebäude sogar vollständig illegal erbaut. Es wurden strengere Kontrollen eingeführt und teilweise neue Bauauflagen gestellt.

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Statik (an Beispielen)

Aus den Erkenntnissen Entwickelte man neue statische Modelle.



Erkenntnis

Neues statisches Modell

Keine Querverstrebung - Ganze Gebäude waren zusammen Gestürzt, weil Etagen nur von den Außenwänden und nur einem Hauptstützpfeiler gehalten wurden. Alle Etagen knickten beim Beben ein.

Um die Etagen zu stabilisieren sind Querverstrebungen notwendig.

Beispiel A

Haus
Zusätzlich querverstrebtes Haus.


Stelzenbauweise falsch - Die besonders gerne in asiatischen Ländern verwendete Methode bietet den Erdbebenwellen eine überaus große Angriffsfläche. Das Haus hat keine seitliche Stabilität.

Die Stelzenbauweise sollte möglichst nicht verwendet werden. Es sollten aber in jedem Falle Querverstrebungen eingebaut werden.

Beispiel B

Zu lichte Bauweise - Die erdbebensichere Bauweise wurde in vielen Fällen nicht konsequent im gesamten Gebäudekomplex eingehalten.

Ein Gebäude sollte einheitlich auf jeder Etage gebaut werden.

Beispiel C

Haus2
Einsgestürzte "weiche" Etage eines Hauses.


Bröckelnde Betonpfeiler - Nach dem Erdbeben in Kobe (Japan) waren Schnellstraßen, die als Überführung auf Betonpfeiler gebaut waren zusammengestürzt. Der Beton war gebröckelt, obwohl an manchen Stellen Stahlummantelungen angelegt waren. Auch die Trägerverbindungen knickten ab.

Der Beton muss komplett mit Stahl als Unterstützung durchzogen sein. Äußerliche Stahlmanschetten können nur als zusätzliche Stabilisierung dienen, nicht aber als Hauptunterstützung. Die Trägerverbindungen müssen auch durch Stahl unterstützt werden, damit sie nicht abknicken.

Beispiel D

Kobe
Eingeknickte Schnellstraße in Kobe (Jp) und Neubau.

Nach neuen Erkenntnissen versucht man aber nicht mehr unbedingt Gebäude durch statische Elemente erdbebensicher zu machen, sondern fängt Schwingungen möglichst schon unter dem Fundament mit speziellen elastischen Lagerungen auf.
Vorrausschauendes Arbeiten setzt schon bei der Konstruktion von Gebäuden ein. Neben den o.g. Maßnahmen gibt es allgemein formulierte grundlegende Konstruktionsanweisungen, die ein Ingenieur beachten sollte:
  • Jedes Gebäude muss mit hinreichend vielen, von der Gründung biszur obersten Decke durchgehenden Wänden oder Kernen ausgesteift sein.
  • Tragende Wände sollen, aussteifende Wände müssen übereinander angeordnet werden. Versetzte Aussteifungen wirken nicht oder sie wirken erst nach erheblichen führen. Versetzte Aussteifungen führen gerade bei Mauerwerksbauten zu Rissbildungen und im Falle eines Erdbebens zu vorzeitigem Versagen.
  • Mauerwerk ist nicht als lastfreie Auffachung einzusetzen. Mauerwerk ohne Längsdruckkraft ist weder selbst standsicher, noch geeignet, nennenswerte Schubkräfte aufzunehmen. Wände, die nicht tragend sind, sind als leichte Wände zu planen. Mauerwerk ist dazu nicht geeignet.
  • Aussteifungssysteme sind so anzuordnen, dass das Gebäude keine Verdrehung der Aussteifung hervorrufen kann. Dazu gehört sowohl eine hohe Torsionssteifigkeit der Gebäudeaussteifung, als auch dass der Drillruhepunkt der Aussteifung in der Nähe des Gebäudeschwerpunktes angeordnet wird.
  • Aussteifungen mit geschossweise unterschiedlichen Querschnitten sind ungünstig und bedürfen einer genauen Untersuchung im Hinblick auf ihr Schwingungsverhalten. Im Erdbebengebiet sollten solche Aussteifungssysteme vermieden werden.
  • Abfangungen (z.B. auf Tiefgaragen) erfordern sehr steife Konstruktionen, bei denen nicht nur die Standsicherheit, sondern auch das Verformungsverhalten betrachtet werden muss. So ist die Unsitte, Unterzüge einfach breiter auszubilden, weil die Höhe nicht zur Verfügung steht, nicht geeignet, strukturell erdbebengeeignete Bauwerke entstehen zu lassen. Es sind im Gegensatz erforderliche Abfangungen mit hohen Wandscheiben zu konstruieren. Die erforderlichen Abänderungen im Entwurf zahlen sich für den Bauherrn regelmäßig auch bei den Baukosten aus.
  • Besonderes Augenmerk ist Detailkonstruktionen zu schenken. So erweisen sich knappe Auflager- und kurze Verankerungslängen im Falle eines Erdbebens als besonders gefährdet. Das Versagen von Auflagern und Endverankerungen kann katastrophale Auswirkungen haben und ist bei den Erdbeben in der jüngeren Geschichte nicht selten für Einstürze verantwortlich gewesen.
  • Details, deren Bruchverhalten im Falle von Überlastung eher spröde ist, sind mit deutlich größerer Sicherheit auszubilden, als das bei eher duktilen (zähen) Bauteilen erforderlich ist. Dies ist in Normen im Allgemeinen so vorgesehen, es ist jedoch zulässig, die Sicherheit eines jeden Nachweises nach den dort ermittelten Beanspruchungen zu wählen, ohne die Belastbarkeit der umgebenden Bauteile zu beachten. Im Falle eines Erdbebens muss dieser Zusammenhang jedoch beachtet werden, um die erforderliche plastische Verformung zu ermöglichen. So ist bei erdbebengefährdeten Bauteilen aus Stahlbeton jeder Bewehrungsstahl für die maximal von diesem Stahl zu tragende Kraft zu verankern, gleichgültig, ob der Stahl bei der Normbemessung vollständig erforderlich war oder nicht.

Nachsatz:   In extrem erdbebenbedrohten Gebieten können extravagante Baumethoden angewandt werden. Um zum Beispiel die Wolkenkratzer in Tokio zu schützen, wurden ihre Fundamente auf überdimensionale Stahlfedern gesetzt; diese verhindern ein Überlagern von Schwingungen, welche besonders gefährlich für die Baustruktur der Gebäude sind. Ein neu entwickeltes System kommt aus der USA: ein aktives, computergesteuertes System, das bis zu 10stöckige Hochhäuser vor Erdbeben schüten kann. Kernstück der in den USA patentierten Technologie sind Sensoren, die bereits geringste Schwingungen registrieren. Die Sensoren leiten die entsprechenden Daten an ein Computersystem weiter. Von dort werden gewaltige Hydraulikzylinder gesteuert, die im Fundament sowie an wichtigen Stützpunkten innerhalb des Gebäudes angreifen und es gewissermaßen "verbiegen" können. Dadurch wird das Gebäude in die Lage versetzt, Erdbebenschwingungen auszugleichen. Vorbild der als RSPM (Real Time Structural Parameter Modification) bezeichneten Technik ist die Biomechanik. Wie ein Mensch, der in einem Boot steht und durch Kontraktion seiner Muskeln die Wellenbewegung des Wassers auszugleichen versucht, sollen auch die RSPM-Zylinder die Bebenschwingungen in Echtzeit, also augenblicklich, abfangen. Die Energie, die im Normalfall das Gebäude zum Schwingen bringen und eventuell zum Einsturz bringen würde, wird auf diese Weise wirkungslos gemacht.

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