Max-Planck-Schule Kiel
Interneteinsatz im Unterricht (2001)

Die Brennstoffzelle

- ein Kraftpaket für die Zukunft?

1. Das Prinzip der Brennstoffzelle

2. Anwendungsgebiete und Vorteile

3. Die unterschiedlichen Arten

4. Realisierungsmöglichkeiten





Das Prinzip der Brennstoffzelle

Das Funktionsprinzip einer Brennstoffzelle ist einfach und ähnelt dem einer Batterie. Während eine Batterie nach dem Aufladen nur begrenzt Energie erzeugt, kann eine kontinuierlich mit Wasserstoff versorgte Brennstoffzelle Elektrizität und Wärme auf Dauer erzeugen.



Eine Brennstoffzelle besteht aus zwei Elektroden (Anode und Kathode) in einem Elektrolyten. Zu ihrem Betrieb sind Wasserstoff und Sauerstoff erforderlich. Der Wasserstoff wird der Anode zugeführt, wo er unter dem Einfluß eines Katalysators in Wasserstoff-Ionen und Elektronen aufgespalten wird. Die Ionen wandern durch den Elektrolyten zur Kathode, der Sauerstoff aus der Luft zugeführt wird. Die Elektronen fliessen über einen externen Stromkreis ebenfalls zur Kathode und verrichten dabei elektrische Arbeit. An der Kathode bildet sich Wasser durch die Reaktion von Wasserstoff-Ionen mit Sauerstoff und Elektronen. Bei dieser Umwandlung entstehen direkt Elektrizität und Wärme, jedoch keinerlei unerwünschte Abgase. Als "Abfallprodukt" fällt nur Wasserdampf an. Der Wirkungsgrad heutiger Brennstoffzellen liegt maximal bei etwa 70-85%, also weitaus höher als der Wirkungsgrad üblicher Kraftwärmemaschinen wie beispielsweise Dampfturbinen.

Anwendungsgebiete und Vorteile

Nicht nur Autofahrer und Heizölkäufer hoffen auf eine Alternative zu den immer teureren fossilen Brennstoffen. Auch die großen Energiekonzerne wie Shell oder BP und die Energieversorgungsunternehmen setzen verstärkt auf regenerative Energien und peilen dezentrale Lösungen an. Die führenden Autohersteller, allen voran DaimlerChrysler, und der Heizungsbauer Vaillant wollen in den nächsten Jahren serienreife Produkte mit Brennstoffzellen liefern. BMW will eine 7er Limousine mit einem Ottomotor ausrüsten, der Wasserstoff statt Benzin verbrennt. Im Volkswagen-Konzern, bei Ford, General Motors, Honda und Toyota arbeiten die Forscher an Konzepten, die vorsehen, dass der Wasserstoff erst während der Fahrt produziert wird. DaimlerChrysler will in den kommenden 3 Jahren sowohl serienreife Fahrzeuge der A-Klasse als auch "Citaro"-Stadtbusse mit der neuen Technik anbieten. Das Daimler-Projekthaus Brennstoffzelle kooperiert mit dem kanadischen Hersteller Ballard Power Systems. Der weltweite Marktführer bei der Produktion von Protonen leitenden Membranen (PEM), entwickelt und liefert Brennstoffzellen für Verkehr, Stromversorgung, tragbare Geräte und weitere Anwendungen.

NECAR 4: Mobiles Kraftwerk vor der Haustüre Schnell, sauber und leise Auto fahren - ohne schlechtes Gewissen? Der Traum des umweltbewußten Fahrers scheint in Erfüllung zu gehen. Mit dem New Electric CAR 4 (NECAR IV) präsentierte DaimerChrysler in den USA bereits im Frühjahr 1999 ein Brennstoffzellenfahrzeug mit großer Reichweite und guten Fahrleistungen auf der Basis eines A-Klasse-Mercedes. Die Brennstoffzelle, der Tank und bis zu 5 Personen mit Gepäck finden erstmals in einem Fahrzeug der Kompaktklasse Platz. Noch vor wenigen Jahren beanspruchte die mobile Brennstoffzellentechnik einen großen Transporter.
Betrieben wird der NECAR 4 mit Flüssigwasserstoff, der sich in einem Kältetank im hinteren Fahrzeugbereich befindet. Der Kraftstoff wird von einer Protonen leitenden Brennstoffzelle (Proton Exchange Membrane Fuel Cell - PEMFC) verarbeitet. In ihr zerlegt eine platinbeschichtete Membran den Wasserstoff in Protonen und Elektronen. In Verbindung mit Luftsauerstoff entsteht Wasser. Durch den Überschuss beziehungsweise Mangel an Elektronen und Protonen entstehen Plus- und Minuspole, zwischen die ein Elektromotor geschaltet wird, der das Fahrzeug antreibt. Eine Tankfüllung soll bis zu 450 Kilometer reichen.

Brennstoffzellen im Keller: Heizgerät von Vaillant
Schon im Jahr 2002 will die Vaillant-Gruppe, einer der führenden europäischen Hersteller für Heiztechnik, ihr neues Brenstoffzellen-Heizgerät auf den Markt bringen. Das Unternehmen arbeitet bereits seit zwei Jahren an der Integration der Technik in die häuslichen Heizsysteme. Die Heizung von Wohngebäuden soll künftig gleichzeitig Strom und Wärme liefern, Primärenergieverbrauch und Klimagase reduzieren und so einen Beitrag zur Sicherung der Energieversorgung leisten. Vaillant geht einen Schritt über die bekannten Blockheizkraftwerke (BHKW) zur Nahwärmeversorgung hinaus und bringt die Technik zum Endverbraucher.

In fast jedem Gebäude mit Gasversorgung können mit dem Brennstoffzellen-Heizgerät Strom und Wärme im Koppelprozeß erzeugt werden. Der reine, CO2-freie Wasserstoff für die verwendete PEM-Brennstoffzelle wird mittels eines so genannten Reformers aus Erdgas gewonnen. Der elektrische Wirkungsgrad des Heizgerätes wird etwa 35-40 % betragen, über die Kraft-Wärme Kopplung wird ein Gesamtwirkungsgrad von über 80% erreicht. Die Abwärme der Brennstoffzelle wird für Heizung und Brauchwassererwärmung genutzt. An besonders kalten Tagen deckt ein integrierter konventioneller Brenner den Restbedarf. Im Vergleich zu einem herkömmlichen Niedertemperaturkessel und dem Strom aus der Steckdose kann die Vaillant-Heizung auch ökologisch überzeugen. Die Brennstoffzellenheizung nutzt das kohlenstoffarme Erdgas und die Abwärme und reduziert so den CO2-Ausstoß bis zu 50%. Sollen die Klima-Ziele der Europäischen Union erreicht werden, kann die Brennstoffzelle in diesem Bereich eine wichtige Rolle spielen. Wenn bald die Serienproduktion anläuft wird der Wasserstoff noch aus Erdgas gewonnen werden. Solarer Wasserstoff, per Elektrolyse mit Photovoltaik-Strom erzeugt, ist selbst für die Ingenieure von Vaillant noch Zukunftsmusik. Sie klingt aber gut, denn damit stünde jederzeit eine emissionsfreie Energiequelle zu Verfügung.

Brennstoffzellen haben einen modularen Aufbau und sind daher in allen Größen denkbar. In Demonstrationsobjekten haben sie in Laptop- Computern und Handys den Akku ersetzt, Autos angetrieben und Häuser und Wohngebiete mit Strom und Wärme versorgt. Für ein Brennstoffzellen-Kraftwerk werden mehrere 100 einzelne Brennstoffzellen zu einem Zellenstapel zusammengefaßt.

Die Vorteile der Brennstoffzelle sind also beeindruckend vielfältig:
- hoher Wirkungsgrad
- geringe Schadstoffemissionen
- niedriger Lärmpegel
- geringer Wartungsaufwand
- flexibel im Einsatz und in Leistungsgröße



Die unterschiedlichen Arten:

Im Laufe der Jahre haben sich verschiedene Brennstoffzellentypen, die sich durch unterschiedliche Charakteristika, wie zum Beispiel Temperatur- oder Stoffeinsatz, unterscheiden, herausgebildet. Die Klassifikation erfolgt je nach Einsatz des Elektrolyten, welcher die anderen Parameter bestimmt. Grob unterscheiden kann man die Brennstoffzellentypen zudem noch nach ihrer Temperatur. Es gibt Nieder- und Hochtemperaturbrennstoffzellen. Zu den Niedertemperaturzellen zählt man alle Brennstoffzellen bis zu einer Temperatur von 120°C (also die AFC, PEMFC, DMFC). Der Rest (die PAFC, MCFC, SOFC)gehört der Gruppe der Hochtemperaturbrennstoffzellen an. Folgende Tabelle fasst die wichtigsten Daten der unterschiedlichen Typen zusammen:

BRENNSTOFFZELLE ELEKTROLYT ANODENGAS KATHODENGAS BETRIEBSTEMPERATUR
AFC(Alkaline Fuel Cell) Kalilauge Wasserstoff Sauerstoff bis 100°C
PEMFC(Proton Exchange Membrane Fuel Cell) protonenleitender Polymerelektrolyt Wasserstoff/ Wasserstoff aus Methanol nach Reformierung Sauerstoff oder Luftsauerstoff bis 100°C
DMFC(Direct Methanol Fuel Cell) Polymerelektrolyt Methanol Luftsauerstoff 90-120°C
PAFC(Phosphoric Acid Fuel Cell) Phosphorsäure Wasserstoff/ Wasserstoff aus Methan nach Reformierung Luftsauerstoff 200°C
MCFC(Molten Carbonate Fuel Cell) Alkalikarbonat-schmelze Wasserstoff
Methan
Kohlegas
Luftsauerstoff 650°C
SOFC(Solid Oxide Fuel Cell) keramischer Festelektrolyt Wasserstoff
Methan
Kohlegas
Luftsauerstoff 800-1000°C


Die alkalische Brennstoffzelle (AFC) besticht durch einen enorm hohen Wirkungsgrad. Vorteile dieses Typs sind die zur Herstellung verwendeten preiswerten Materialien, ihre niedrige Betriebstemperatur und die geringe Korrosivität des Elektrolyten, was nur geringe Werkstoffprobleme zur Folge hat.
Als Nachteil ergibt sich die CO2-Unverträglichkeit. Dies bedeutet, dass eine vollständige Reformierung der Gase notwendig ist, um eine Reaktion der Kalilauge zu Karbonat mit dem Sauerstoff zu vermeiden.
Ihre Elektroden bestehen aus Raney-Nickel bzw. Raney-Silber oder aus mit Edelmetallen (Bsp.:Platin) aktiviertem Kohlenstoff.

PEM Brennstoffzelle
Ihr Aufbau unterscheidet sich von den gewöhnlichen Brennstoffzellentypen nur in ihrem Elektrolyt.
Wie alle anderen Brennstoffzellen wird sie auch mit Sauerstoff und Wasserstoff betrieben. An der Anode wird Wasserstoff unter Abgabe von Elektronen zu Protonen oxidiert. Diese diffundieren wiederum durch die ionenleitende Polymerelektrolytmembran zur Kathode, wo sie mit dem Sauerstoff und den über den elektrischen Leiter gewanderten Elektronen zu Wasser reagieren.
Verbindet man Anode und Kathode mit einem elektrischen Leiter, so kann man den Elektronenfluss als Nutzstrom abnehmen.
Die theoretisch mögliche Spannung einer solchen Einzelzelle beträgt 1,23 V und ergibt sich aus den Standart - Elektrodenpotentialen.

Es gilt: U0H = UH(Kationen) - UH(Anionen)
U = UH(Sauerstoff) - UH(Wasserstoff) = 1,23 V - 0V = 1,23 V

In der Praxis wird eine solche Spannung nicht erreicht. Normalerweise ergeben sich Spannungen zwischen 0,6 bis 0,9 V, da Spannungsverluste zum Beispiel durch Reaktionshemmungen oder ungenügende Gasdiffusion auftreten können. Um die Spannung dennoch zu erhöhen, schaltet man zahlreiche Einzelzellen hintereinander. Dies ergibt ein sogenanntes "Stack".
Diese Brennstoffzellen könnten demnach bei einer Spannung von 1,23 V einen theoretischen Wirkungsgrad zwischen 70 bis annähernd 100% erreichen.

Die DMFC (Direkt Methanol Brennstoffzelle) befasst sich mit dem Ziel, Methanol direkt an der Anode, also als Brennstoff, umzusetzen und die Kathode mit dem Luftsauerstoff zu versorgen.
Leider stehen diesem Fortschritt noch zahlreiche technische Probleme im Weg, an denen noch geforscht wird.
Das größte Problem stellt die Herstellung eines geeigneten Katalysators für die Methanol Oxidation dar(in der Regel wird eine Mischung aus Platin und Rutherium verwendet). Als Elektolyt gilt der polymere Ionenleiter (PEM) als sehr nützlich.
Ein besonderer Vorteil dieses Typs ist, dass eine Gasreformierung und -reinigung nicht notwendig und diese Anlage somit besonders für die mobile Anwendung sehr geeignet wäre.

Die phosporsaure Zelle (PAFC) ist mittlerweile schon sehr weit entwickelt und erste Anlagen befinden sich bereits im Einsatz (U. a. in Blockheizkraftwerken, wie z.B. zur Strom- und Wärmeversorgung des Hallenbades Jesuitenhof durch die Stadtwerke Düren). Sie besteht aus platinbeschichteten Graphitplatten als Elektroden und Phosporsäure als Elektrolyt (wie der Name schon sagt), der sich von einem Vlies aufgesaugt, zwischen den Elektroden befindet.
Es besteht allerdings Zweifel, ob sich dieser Typ gegenüber den anderen Brennstoffzellenarten durchsetzen wird.
Probleme ergeben sich dadurch, dass ihre Betriebstemperatur zu gering für die Nutzung von Flüssigbrennstoffen ist, jedoch hoch genug, um die Materialanforderungen zu erhöhen. Außerdem beträgt ihr Wirkungsgrad nur 40% , was im Gegensatz zu den übrigen Typen sehr gering ist. Dieser könnte aber theoretisch durch Nutzung der Abwärme auf 90% gesteigert werden.

Bei den übrigen Typen, der MCFC und der SOFC, handelt es sich um Hochtemperatur-systeme. Dies hat den Vorteil, dass ihnen beliebige Brenngase ohne vorherige Reformierung zugeführt werden können.
Die Zellen haben bei Nutzung der Hochtemperaturabwärme Wirkungsgrade von 65-70% und werden meist für Blockheizkraftwerke und Stromerzeugungskraftwerke verwendet.
Die Schmelzkarbonat-Brennstoffzelle (MCFC) besteht aus billigeren Werkstoffen, wie Nickel, Keramik oder Stahl.Probleme hierbei liegen der Tatsache zugrunde, dass die als Elektrolyt verwendeten hochkorrosiven Karbonatschmelzen viele Materialien angreifen und die Baustoffauswahl somit erschwert ist.
Die Zukunftsaussichten dieser Technologie sehen aber trotz dieses Nachteils sehr gut aus, v.a. deshalb, weil die Verstromung von kohlenstoffhaltigen Gasen, durch Einbezug von CO2 in die Zellreaktion, einen positiven Faktor darstellt.
Die oxidkeramische Brennstoffzelle (SOFC) befindet sich immer noch in ihrer Entwicklungsphase. Ihr größtes Problem liegt ebenfalls in der Entwicklung eines geeigneten Werkstoffes.

Realisierungsmöglichkeiten

Die neue Technik weckt viele Hoffnungen, die erst noch erfüllt werden müssen. Autos und Heizungen sind noch nicht zu haben, die Endpreise für die Produkte zur Zeit nicht kalkulierbar. Was die A-Klasse mit Brennstoffzellenantrieb kosten wird, bleibt genauso offen wie die Frage nach der flächendeckenden Versorgung mit Treibstoff. Dass die Technik sich zum Teil noch in einem frühen Entwicklungsstadium befindet, zeigt sich besonders bei den Autos: Hier konkurrieren mehrere Hersteller, und es ist noch nicht ausgemacht, welche Standards sich durchsetzen werden.
Auch wenn die Entwickler technische Risiken wie die Explosionsgefahr im Griff haben, bleiben einige Fragen zu klären. Lagerung, Transport und Verteilung der Ausgangsstoffe müssen auf ihre Umweltverträglichkeit geprüft werden. Methanol zum Beispiel, eine jener chemischen Verbindungen aus denen Wasserstoff gewonnen wird, ist ätzend, hoch giftig und mischt sich leicht mit Wasser. Wird der Wasserstoff gar aus Benzin gewonnen, freut sich die OPEC weiter. Stammt der Strom zur Produktion aus Kohlekraftwerken, wird die Atmosphäre weiter mit C02 belastet.
Zur Zeit können die Herstellungskosten solaren Wasserstoffs nur annähernd beziffert werden: Wird er in PV-Großanlagen (300 MW-Elektrolyse) gewonnen, kostet der Kubikmeter im günstigsten Fall rund 2,90 DM, was einem Kilowattpreis von etwa 85 Pfennigen für den Strom aus Brennstoffzellen entspricht. In industriellen Kleinanlagen (100 kW-Elelktrolyse) produziert würde die Kilowattstunde bis zu 1,70 DM kosten. Erst mit dem Ausbau der Massenfertigung von PV-Modulen und damit verbundenen Preissenkungen wird sich photovoltaisch produzierter Wasserstoff als wirtschaftliche Lösung anbieten. Den Szenarien großtechnischer Nutzung - sie wurden in den 80er Jahren entwickelt - erteilt nicht nur Prof. Panik eine klare Absage. Riesige Solarfarmen in der Sahara halten inzwischen viele für den falschen Weg. Der DaimlerChrysler Projektleiter setzt eher auf Wind- oder Wasserkraft. Letztere produziert nicht nur Strom, sondern per Elektrolyse auch Wasserstoff. Dezentrale Lösungen wie die Vaillant-Heizung passen schon besser zur Solarenergie.

© 2001 André Wendt