Das Vorstellungsgespräch
Rhetorik 1
„Rhetorik heißt, gut und zielgerichtet mit der gesprochenen Sprache
umzugehen,
kurz, knapp, knackig, klar und überzeugend zu reden.“
"Rhetorik ist die Kunst durch die Art Worte und Sätze zu wählen zu
überzeugen.
Und - Rhetorik ist ein zweischneidiges Schwert: Sie können durch richtige Rhetorik
viel erreichen. Durch falsche Rhetorik können Sie noch mehr kaputt
machen."
Bedeutung bei gesellschaftlichen Kontakten
Rhetorik ist bei allen gesellschaftlichen Kontakten, sei es im Beruf oder im
Privaten, von großer Bedeutung. Sie spiegelt die eigene
Persönlichkeit wider und hilft, sich selbst zu vermarkten.
Es ist eindeutig, dass es nicht nur darauf ankommt, was gesagt wird, sondern
auch darauf wie etwas dargestellt wird.
Darüberhinaus muss die Sprache den Umständen angepasst werden. Unter
Freunden verwendet man einen lockereren Stil als im Beruf oder gar im
Vorstellungsgespräch.
Die Rhetorik kann auch zu bestimmten Zwecken, zum Beispiel dem Durchsetzen
einer Meinung, dienen. So kann eine Tatsache durch geschickt eingesetzte rhetorische
Mittel verändert werden, um den Gesprächspartner von der eigenen Meinung zu
überzeugen.
Im Folgenden wird vor allem auf Rhetorik beim Bewerbungsgespräch und im
Schulleben eingegangen. Außerdem werden konkrete Handlungstipps mit Beispielen
untermalt.
Bedeutung bei Bewerbungsgesprächen
Beim Bewerbungsgespräch ist vor allem zu beachten, dass es darum geht, sich in
extrem kurzer Zeit (15-30 Minuten) in ein besonders gutes Licht zu
rücken. Dabei können rhetorische Fähigkeiten helfen.
Es kommt beim Bewerbungsgespräch im allgemeinen auf vier entscheidende Punkte
an; das Outfit, die Körpersprache, die Benimmregeln und die Rhetorik. Bei
der Rhetorik ist das "was" von dem "wie" zu unterscheiden. In den
aufgeführten Handlungstipps geht es um die Art und Weise sich zu
äußern. (Mit Inhalten und typischen Fragen befasst sich Rhetorik 2)
Rhetorische Fähigkeiten können und sollten als Vorbereitung auf ein
Bewerbungsgespräch trainiert werden. Dies ist natürlich nicht von heute auf
morgen möglich. Deshalb sollte man sich etwas Zeit nehmen, in der man auch die
eigenen Angewohnheiten beobachtet. Nach einer Analyse (Freunde,
Angehörige und Bekannte können als Beobachter hilfreich sein)sollten die
positiven Redegewohnheiten ausgebaut und die negativen eliminiert werden.
Hierfür sind die Handlungstipps als Anhaltspunkte gedacht. Das Thema Rhetorik
bedarf also einer gewissen Vorarbeit (auch dahingehend sich Antworten auf
Standardfragen zu überlegen; vgl. Rhetorik2).
Im Bewerbungsgespräch selbst sollte man sich weniger auf einzelne Handlungstipps
fixieren, da dies die vorhandene Nervosität noch steigert. Dort sollten die,
durch die Vorarbeit erworbenen, Fähigkeiten ausgespielt werden. Dies lässt
den Bewerber selbstsicher und überzeugend wirken und kann unter
Umständen auch kleine inhaltliche Mängel vertuschen. Das zeigt, dass
Rhetorik sehr nützlich sein kann. Aber vorsicht, zu viel oder falsch eingesetzte
rhetorische Mittel wirken übertrieben oder sogar albern.
Der Anlass Bewerbungsgespräch darf auch nicht außer Acht gelassen werden.
Er ist entscheidend für die Sprachebene und für das Verhältnis
zwischen den Gesprächspartnern. Ein Bewerber sollte sich darüber im Klaren
sein, dass er einer von vielen ist und er derjenige ist, der eine Erwartung
erfüllen muss. Deshalb ist das sich Abheben von der Menge gut, sollte
aber im positiven verstanden werden. Man kann sich auch sehr leicht durch negatives
Auffallen abheben. Das ist dem Anliegen des Bewerbers aber nicht dienlich.
Als Bewerber sollte man also auf eine intensive Vorarbeit setzen, die einen sicher
und selbstbewusst werden lässt und einem hilft einen guten und bleibenden
Eindruch zu hinterlassen. Außerdem sollte man sich im Klaren über die
eigenen Ziele sein.
Handlungstipps
Am wichtigsten für einen guten Rhetoriker ist es, mit sich selbst zufrieden
zu sein, sich seine eigenen Fähigkeiten klar zu machen und zu wissen, wie das
eigene Handeln auf andere wirkt.
Es gilt bei der Außenwirkung darauf zu achten, dass man gleichzeitig
sympathisch bzw. höflich, aber auch kompetent bzw. zielstrebig wirkt.
Voraussetzung für ein gutes Auftreten ist immer auch das eigene
Selbstwertgefühl. Dabei ist vor allem darauf zu achten, sich selbst weder zu
kritisch noch zu vorteilhaft zu betrachten.
Ein überzeugender Rhetoriker muss gut beobachten können. Nur so kann
er beurteilen, wie die anderen auf seine Worte reagieren, und die eigene Sprache
darauf einstellen.
Im Folgenden werden nun konkrete Handlungstipps aufgelistet und anhand von Beispielen
erläutert. Dabei handelt es sich jeweils um ein negatives (1.), ein
diskutierbares (2.) und ein positives (3.) Beispeil.
-
Keine langen, verschachtelten Sätze. Formulieren Sie klare,
prägnante Sätze. -> KISS-Formel (keep it short and
simple) Situation: Ein Kunde fragt bis wann ein Konzept
präsentationsreif sein wird. Mögliche Antworten:
- Ja, also wissen Sie, das ist so eine Sache. Unter präsentationsreif
versteht ja jeder etwas anderes. Ich müsste außerdem einmal schauen,
wie es in meinem Terminkalender aussieht. Wenn ich in den nächsten Tagen
viel unterwegs bin dann dauert es natürlich ein bisschen
länger...
- Ich habe noch andere Termine, aber in 2 Wochen bin ich voraussichtlich
fertig.
- Ich schätze, dass ich in spätstens zwei Wochen so weit bin.
Sicherheitshalber schaue ich noch einmal in meinen Kalender, um iÍhnen
einen konkreten Termin zu nennen. Ich rufe Sie morgen dazu an.
-
Verwenden Sie positive Wendungen. Nicht meckern Situation: Zwei Kollegen
in einem Büro. Einer der beiden spricht beim Telefonieren sehr laut. Der
andere möchte, dass er dies unterlässt.
- Musst du beim Telefonieren immer so laut schreien?!
- Dein lautes Telefonieren nervt. Rede bitte leiser!
- Redest du beim Telefonieren bitte etwas leiser, dann kann ich mich besser
konzentrieren.
-
Keine Konjunktive ("Vielleicht"-Form). Situation: Eine Person bereitet
eine Sitzung vor und benötigt bestimmte Unterlagen.
- Ich wollte Sie bitten, ob es eventuell möglich wäre, wenn Sie mir
die Daten für xy zusammentstellen könnten. Ich bräuchte sie
eigentlich schon morgen. Ich weiß Sie haben viel zu tun, aber wäre
es trotzdem irgendwie möglich?
- Ich bräuchte die Unterlagen xy bis morgen. Könnten Sie das
einrichten?
- Ich bereite die Sitzung x vor und benötige bis morgen die Unterlagen
xy. Bitte besorgen Sie mir diese.
-
Ohne Adjektive (=beschreibende Anheftungen), Weichmacher/Füllwörter
und Verniedlichungen Situation: Eine Person möchte am folgenden Tag
sehr pünktlich Schluss machen, da sie einen Termin hat.
- Ich wollte morgen eigentlich ganz gerne um 16 Uhr Feierabend machen.
- Ich würde gern morgen pünktlich Feierabend machen, da ich einen
Termin habe.
- Morgen muss ich sehr pünktlich Feierabend machen, das ich einen
wichtigen Termin habe.
-
Vermeiden Sie Worte, die das Gegenteil Ihrer Aussage
nahelegen. Situation: Hier werden als Beispiele lediglich
Einleitungssätze angeführt.
- Ich glaube nicht, dass das funktioniert...
- Ich hätte folgenden Vorschlag...
- Mein Vorschlag ist...
-
Entschuldigungen nicht häufen. Situation: Ein Anrufer möchte
eine Person sprechen, die momentan nicht anwesend ist. Die Person, die das
Telefonat entgegennimmt könnte folgendes antworten.
- Oh, das tut mir Leid, der ist gerade nicht da. Ich weiß leider auch
nicht wann er wieder da ist. Villeicht kann ich weiterhelfen.
- Es tut mir leid, aber der ist momentan nicht da. Der Zeitpunkt zu dem er
wiederkommt steht noch nicht genau fest. Kann ich Ihnen weiterhelfen?
- XY ist momentan nicht da, wird aber spätestens morgen wieder anwesend
sein. Wie kann ich Ihnen bis dahin weiterhelfen?
-
Variieren Sie im Vokabular Dies bedarf keiner Beispiele
-
Formulieren Sie zuerst das Ergebnis und begründen Sie es
anschließend. Situation: Eine Arbeit ist noch nicht fertig, da zu
viel andere Arbeit zu erledigen war. Als Antwort auf die Frage nach der Arbeit
gibt es folgende Varianten.
- Es tut mir Leid. Da war so viel zu erledigen. Ich musste anderweitg
einspringen, weil Frau xy krank war. Ich bin nicht weit gekommen...
- Es tut mir Leid. Es war viel zu erledigen, deshalb habe ich erst die
Hälfte geschafft.
- Ich bin an der Aufgabe dran. Ich müsste bald fertig sein. Ich komme
jetzt erst dazu, weil noch andere Dinge erledigt werden mussten.
-
Indirekte Kommunikation führt zu Missverständnissen Situation:
Im Restaurant möchte eine Person von der anderen etwas probieren, da deren
Essen sehr gut aussieht.
- Das sieht aber lecker aus.
- Das sieht aber lecker aus. Du möchtest mir doch sicherlich etwas
abgeben.
- Das sieht ja echt gut aus. Darf ich mal probieren?
Warum Rhetorik für Frauen?
Frauen haben im Allgemeinen eine schlechtere Stellung in Bewerbungsgesprächen
und Gesprächssituationen, weshalb gerade ihnen Rhetorik nützen kann .
Dies hat folgende Ursachen:
- Der Mag-Mich-Zwang:
Der Wunsch nach Harmonie und danach von anderen gemocht zu werden ist bei vielen
Frauen stark ausgeprägt. Dies zeigt sich in fast allen Bereichen des Lebens,
z.B Familie oder Beruf. Daraus resultiert, dass die meisten Frauen nicht "Nein"
sagen können.
Dieses Harmoniebedürfnis macht es aber schwierig, kommunikationsstark,
durchsetzungskräftig und erfolgreich zu sein.
Darüber hinaus werden Frauen oft über die "soft skills" definiert. "Soft
skills" beschreiben die emotionale Kompetenz, wohingegen "hard skills" die
inhaltliche Kompetenz darstellen. Doch ohne "hard skills" ist kein erfolgreiches
Gespräch durchzuführen.
- Der genetische Hintergrund
Zu den Aufgaben der Frauen gehörten seit jeher das Schützen, das
Ernähren, das Feuerhüten und die Lebenserhaltung. Damit hatten Frauen
ihren Schwerpunkt darin, sich zu sorgen und nicht darin durchsetzungsstark zu sein.
Sie zeigten keine Stärke und galten deshalb als das schwache Geschlecht.
Da dieses "klassische" Bild sich wandelt, entstehen Probleme. Das Weltbild vieler
Männer gerät durcheinander. Dennoch sind es auch die Frauen selbst, die
dazu beitragen, dass sie in der Arbeitswelt nicht voll akzeptiert werden. Auch in
den Köpfen vieler Frauen herrscht dieses (auch genetisch bedingte)
Weltbild.
Durch die Erziehung, die sich vielfach auch an diesen Werten orientiert, werden
Mädchen bzw. Frauen in klassische Rollen gedrängt.
Die Erziehung und die Gene tragen allerdings nur eine Teilschuld am eigenen
Auftreten. Deshalb gilt es, an sich selbst zu arbeiten.
Schlussfolgerung: Übertragung auf das Schulleben
Auch in der Schule können rhetorische Fähigkeiten in verschiedenen
Bereichen sehr nützlich sein. Dabei ist immer darauf zu achten, dass Rhetorik
eine Art der Vermarktung der eigenen Person ist. Dies zeigt sich in den
unterschiedlichsten Bereichen in der Schule, zum Beispiel bei Referaten, im
persönlichen Gespräch zwischen Schüler und Lehrer oder im
Unterrichtsgespräch.
-
Bei Referaten: Bei Referaten ist vor allem die Vorbereitung
entscheidend. Da es auch ums freie Sprechen geht, bringt es hierbei
nichts, Sätze vollständig auszuformulieren. Eine anwendbare
Möglichkeit bietet aber das Üben des Verbalisierens der Stichworte.
Dabei kann man sich zum Beispiel auf Karteikarten die wichtigsten Punkte
festhalten und diese dann laut ausformulieren. Ein außenstehender
Zuhörer kann helfen, auf Fehler aufmerksam zu machen.
Bei der Vorbereitung sollte man sich an den Handlungstipps orientieren und
versuchen, diese möglichst einzuhalten.
Diese Vorbereitung hilft gegen Nervosität vor einem Referat und lässt
den Schüler selbstsicher und vor allem auch sicher im Umgang mit dem
jeweiligen Thema wirken. Dadurch kann man mögliche inhaltliche Mängel
vertuschen.
-
Im persönlichen Gespräch: In persönlichen Gesprächen
zwischen Lehrern und Schülern geht es häufig um Notengebung. Als
Schüler sollte man sich vorher überlegen, welches Ziel man mit
dem Gespräch verfolgt. Meistens ist dies, die Verbesserung der Note.
Hierbei sollte man darauf achten, immer höflich und freundlich zu
bleiben, denn man möchte schließlich etwas bewirken. Außerdem
sollte das Zeil klar und direkt geäußert werden und danach
begründet werden.
Bei dem Gespräch ist immer auch das Verhältnis zwischen Lehrer und
Schüler zu beachten. Da meist der Schüler etwas beim Lehrer
erreichen will, sollte er nicht vergessen, dass dieser auf einer anderen Ebene
steht.
-
Im Unterrichtsgespräch: Im Unterrichtsgespräch muss darauf
geachtet werden, dass man sich selbst von der Klasse bzw. dem Kurs
absetzen muss.
Durch rhetorische Fähigkeiten kann ein Schüler seine Meinung bzw. seine
Aussage von den anderen abheben. Dies gilt allerdings hauptsächlich für
Diskussionen.
Im regulären Unterrichtsgespräch fallen häufiger schlicht
fachbezogene Fragen an. In diesen Fragen ist vor allem inhaltliches Wissen
gefragt. Wenn ein Schüler sich allerdings unsicher ist, ob die
überlegte Antwort richtig ist, sollte er das nie äußern.
Formulierungen wie "es könnte sein,..." oder "Ich würde
sagen..." zeigen die Unsicherheit direkt. Wenn die Antwort richtig ist, merkt
keiner etwas von der anfänglichen Unsicherheit. Und wenn sie falsch ist, ist
sie auch mit einer vorangegangenen Zweifelsäußerung falsch. Also
sollten Schüler immer überzeugend antworten, denn wer schon von
vornherein an sich zweifelt, wird kaum wahrgenommen.
Links und Quellen
© Lisa Carstensen
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